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Instrumente und Strukturen der EZFragilität und KonfliktAbgeschlossen

Wirksamkeit deutscher Entwicklungszusammenarbeit bei der Bearbeitung konfliktbedingter Fluchtkrisen

Kriege und Konflikte zwingen weltweit Millionen Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Anhand der „Beschäftigungsoffensive Nahost“ der Bundesregierung hat das DEval untersucht, wie kurzfristige Unterstützungsmaßnahmen und Entwicklungszusammenarbeit sinnvoll verzahnt werden können, um die Lebensbedingungen der Flüchtlinge, aber auch der Bevölkerung in den aufnehmenden Gemeinden zu verbessern. Die Evaluierung wurde 2021 abgeschlossen.

Ende 2019 waren laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen weltweit 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht. 26 Millionen von ihnen sind vor Konflikten, Verfolgung oder schweren Menschenrechtsverletzungen aus ihrer Heimat geflohen, davon allein 6,6 Millionen aus Syrien. Aufgenommen wurden Letztere größtenteils in den Nachbarländern, vor allem in der Türkei, im Libanon und in Jordanien.

Um den Flüchtlingen eine Perspektive über ihre Notsituation hinaus zu bieten und auch der vulnerablen Bevölkerung in den aufnehmenden Ländern die Möglichkeit zu geben, ein Einkommen zu erzielen, hat die deutsche Bundesregierung Anfang 2016 die „Beschäftigungsoffensive Nahost“ ins Leben gerufen. Sie beinhaltet sogenannte Cash-for-Work-Projekte, mit denen kurzfristige Jobs und Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden sowie Gehälterzahlungen an Lehrer*innen zur Beschulung syrischer Flüchtlingskinder. Ein weiterer Bestandteil sind jüngst Maßnahmen zur beruflichen Aus- und Weiterbildung und zur Förderung von Existenzgründungen.

Am Beispiel der Beschäftigungsoffensive Nahost untersucht das DEval, wie kurzfristige Unterstützungsmaßnahmen und auf strukturelle Veränderungen abzielende Entwicklungszusammenarbeit wirksam ineinandergreifen können. Dabei soll ermittelt werden, welche Maßnahmen und Instrumente geeignet sind, die Auswirkungen von Krisen sowohl für die Flüchtlinge als auch für die aufnehmenden Gemeinden abzumildern und die Lebensbedingungen der Menschen langfristig zu verbessern.

Zentrale Ergebnisse und Empfehlungen

Vor allem mit Blick auf ihre kurzfristige Wirkung bewertet das DEval die Beschäftigungsmaßnahmen als effektiv.

Die Einkommenssteigerungen lindern temporär die prekäre sozioökonomische Lage der Teilnehmenden und diese können für die Zeit der Beschäftigung ihre Grundbedürfnisse decken.

Längerfristige Wirkungen in Form von neuen Beschäftigungsperspektiven, Qualifizierungen oder einem Aufbau beruflicher Kontakte sind allerdings kaum nachweisbar.

Damit bestätigt sich auf materieller Ebene die Grundannahme, dass es sich bei Cash-for-Work um eine kurzfristige Überbrückungsmaßnahme handelt, die vor allem temporär effektiv ist.

Auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt wirkt sich die Beschäftigungsoffensive auch mittel- bis langfristig positiv aus.

Soziale Spannungen nehmen ab oder werden verhindert, indem die am Programm Teilnehmenden sichtbar zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung der lokalen Infrastruktur beitragen. Zudem ist es förderlich, dass Flüchtlinge und vulnerable Menschen aus den aufnehmenden Gemeinden gleichermaßen an den Cash-for-Work-Maßnahmen teilnehmen können.

Das DEval empfiehlt, die Beschäftigungsoffensive Nahost fortzuführen und mit ihr weiterhin möglichst viele Begünstigte zu erreichen, solange die Krise in und um Syrien anhält.

Als sinnvolle Ergänzungen kann das BMZ für Einzelne die Beschäftigungsdauer ausweiten oder ihnen Ausbildungsmöglichkeiten zur beruflichen Qualifizierung anbieten, wenn dies der Kontext zulässt. Die zentralen Kontextfaktoren hierfür sind eine mittel- bis langfristige Integrationsperspektive, Absorptionsfähigkeit der lokalen (Arbeits-)Märkte und eine hinreichende Abdeckung der großen Mehrheit Bedürftiger vor Ort. Insgesamt sollte das BMZ die Beschäftigungsoffensive flexibel planen und ausgestalten, um auf sich verändernde Rahmenbedingungen möglichst schnell und angemessen reagieren zu können.

 

Die Evaluierung wurde 2021 abgeschlossen. Die Ergebnisse und Empfehlungen werden hier zusammengefasst dargestellt, die vollständigen Ergebnisse und Empfehlungen sind im Bericht zu finden.

Ziele der Evaluierung

Im Rahmen der Evaluierung wird der effektive Brückenschlag von kurzfristigen Unterstützungsmaßnahmen zur Entwicklungszusammenarbeit als ein potenzieller Erfolgsfaktor für die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit bei der Bearbeitung konfliktbedingter Fluchtkrisen betrachtet.

Hintergrund

Das DEval evaluiert die Wirksamkeit deutscher Entwicklungszusammenarbeit bei konfliktbedingten Fluchtkrisen am Beispiel der Beschäftigungsoffensive Nahost (BO-Nahost). Der Fokus der Evaluierung liegt auf der Effektivität der BO-Nahost hinsichtlich ihres Beitrags zur Perspektivbildung für Flüchtlinge in den syrischen Anrainerstaaten. Dabei wird der Frage nachgegangen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Instrumenten und Herangehensweisen im Rahmen der BO-Nahost wirkungsvolle Beiträge zur Linderung der Krisenauswirkungen für Flüchtlinge und aufnehmende Gemeinden geleistet und in längerfristige Wirkungen überführt werden können.

Als ein vorbereitendes Teilprodukt der Evaluierung erschien im ersten Quartal 2018 eine Literaturstudie: „Building Bridges between International Humanitarian and Development Responses to Forced Migration“. Die Studie stellt eine Aufarbeitung und Analyse der Literatur zum Thema der Verzahnung von internationaler humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit dar. Im Rahmen der Evaluierung wird die effektive Verzahnung als ein potenzieller Erfolgsfaktor für die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit bei der Bearbeitung konfliktbedingter Fluchtkrisen betrachtet.

Methoden

Die Evaluierung wendet eine Kombination unterschiedlicher Methoden an, darunter auch rigorose Wirkungsmessungen mit quasi-experimentellem Design auf Grundlage von zwei Befragungswellen unter einer größeren Anzahl von Flüchtlingen und anderen vulnerablen Zielgruppen in Jordanien und der Türkei.

Kontakt

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Helge Roxin

Senior-Evaluator - Teamleitung

Telefon: +49 (0)228 336907-937

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Abteilungsleiter: Staatliche EZ, Governance

Telefon: +49 (0)228 336907-940

E-Mail: stefan.leiderer@DEval.org

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