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Zusammenarbeit mit der PrivatwirtschaftAbgeschlossen

Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft im Agrarsektor

Maßnahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit werden zunehmend in Kooperation mit privaten Unternehmen durchgeführt. Dies gilt auch für den Landwirtschaftssektor, der in vielen Entwicklungsländern eine große wirtschaftliche Bedeutung hat. Das DEval hat das Potenzial und die Risiken dieser Kooperationsform evaluiert.

© DEval

Seit Mitte der 1990er-Jahre wird die Privatwirtschaft immer stärker in die staatliche Entwicklungszusammenarbeit eingebunden. Dahinter steht der Gedanke, dass entwicklungspolitische Ziele besser, schneller und nachhaltiger erreicht werden können, wenn hierfür auch die Innovationskraft und die finanziellen Ressourcen von Unternehmen genutzt werden.

Kritiker*innen einer solchen Zusammenarbeit meinen, dass die Vorhaben eher den Unternehmen zugutekommen und dass entwicklungspolitische Ziele wie Armutsminderung und Ernährungssicherung dabei in den Hintergrund treten. Außerdem befürchten sie, dass Umwelt- und Sozialstandards nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Zu wissen, welches Potenzial die Privatwirtschaft für die Entwicklungszusammenarbeit hat und wo mögliche Risiken bestehen, ist besonders für den Agrar- und Ernährungssektor interessant, da dieser für die Hunger- und Armutsbekämpfung und auch für die wirtschaftliche Entwicklung vieler Länder im Globalen Süden eine entscheidende Rolle spielt.

Ergebnisse und Empfehlungen

Die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft im Agrarsektor ist prinzipiell geeignet, einen Beitrag zu den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit zu leisten.

Allerdings sollten dabei die Schnittmengen, die sich zwischen entwicklungspolitischen und unternehmerischen Zielen ergeben, eindeutiger als bisher benannt werden. Dasselbe gilt für den konkreten Mehrwert, den sich die Entwicklungszusammenarbeit von der Zusammenarbeit mit den Unternehmen erwartet. Auch die Spannungsfelder, die sich aus den unterschiedlichen Interessenlagen von Unternehmen und Entwicklungszusammenarbeit ergeben, werden bisher nicht ausreichend thematisiert.

Das angestrebte Ziel der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, langfristig ein partnerschaftliches Verhältnis mit den Unternehmen aufzubauen, wird in den verschiedenen Programmen noch nicht ausreichend umgesetzt.

Ein Grund dafür ist, dass in den Durchführungsorganisationen nicht ausreichend privatwirtschaftliches Know-how vorhanden ist.
 

Das Einhalten menschenrechtlicher Standards und Prinzipien wird mit den derzeit eingesetzten Mechanismen nicht ausreichend geprüft.

Um eventuelle Risiken zuverlässig zu identifizieren, müssen die Überprüfung und das Monitoring gestärkt werden. Entsprechende Prüfungen sollten von den Durchführungsorganisationen und den Unternehmen gemeinsam durchgeführt werden, um den Aufwand in einem vertretbaren Rahmen zu halten.

 

Die Evaluierung wurde 2018 abgeschlossen. Die Ergebnisse und Empfehlungen werden hier zusammengefasst dargestellt, die vollständigen Ergebnisse und Empfehlungen sind im Bericht zu finden.

Ziele der Evaluierung

Durch die Systematisierung des Portfolios zur Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft im Agrarsektor und die Untersuchung, inwiefern dieser Ansatz geeignet ist, zur Erreichung entwicklungspolitischer Ziele beizutragen, unterstützt die Evaluierung das BMZ und die Durchführungsorganisationen (GIZ, sequa) sowie die DEG darin, die Kooperation mit Unternehmen effektiver zu nutzen.

Die Evaluierung hat die unterschiedlichen Interessenlagen der verschiedenen Akteure (BMZ und Durchführungsorganisationen, Privatwirtschaft, Organisationen der Zivilgesellschaft) herausgearbeitet. Hierbei wurde die Einschätzung der Privatwirtschaft analysiert, inwiefern ihr Engagement in Entwicklungsländern von der Zusammenarbeit mit der Entwicklungszusammenarbeit profitiert. Zudem widmete sich die Evaluierung der Frage, inwiefern der Beitrag der Unternehmen das BMZ und die Durchführungsorganisationen zusätzlich darin unterstützt, die Zusammenarbeit passgenauer zu gestalten.

Die Evaluierung untersuchte weiterhin, inwiefern menschenrechtliche Aspekte sowie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards bei der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft im Agrarsektor berücksichtigt und überprüft werden. Ziel war es, den Status quo zu erfassen und etwaige Verbesserungspotenziale aufzuzeigen.

Hintergrund

Seit Mitte der 1990er-Jahre hat die Bedeutung der Privatwirtschaft als aktiver Partner der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) sowohl in Deutschland als auch international zugenommen. Hierbei ist die Privatwirtschaft sowohl in die Finanzierung als auch in die Konzeption und Umsetzung von EZ-Maßnahmen eingebunden. Im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit erfolgt die Kooperation in verschiedenen Programmen (z. B. develoPPP) und Maßnahmen (z. B. DEG-Begleitmaßnahmen) sowie im Rahmen bilateraler Vorhaben (integrierte Entwicklungspartnerschaften).

Auch im Agrarsektor spielt die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft eine zunehmend wichtigere Rolle, z. B. bei der Bereitstellung von Beratungsdienstleistungen oder Finanzmitteln, beim Wissens- und Technologietransfer oder beim Aufbau verlässlicher Geschäftsbeziehungen. Die Ziele von Privatwirtschaft und EZ sollen sich hierbei ergänzen. Während die Privatwirtschaft ihre Versorgung mit Rohstoffen sicherstellen (z. B. über Vertragsanbau) oder ihre Märkte sichern oder erweitern will, ist es Ziel der EZ, die Wirtschaft im ländlichen Raum zu stärken, die Produktion und Produktivität in der Landwirtschaft zu steigern und zu diversifizieren und zusätzliche Arbeitsplätze auch außerhalb der Landwirtschaft zu schaffen und so einen Strukturwandel im ländlichen Raum zu begleiten, der ökologischen und sozialen Zielen gerecht wird.

Kritiker*innen der Einbindung privater Unternehmen zur Förderung der landwirtschaftlichen Entwicklung sehen u. a. die Gefahr, dass die Interessen der Privatwirtschaft entwicklungspolitische Ziele wie Armutsminderung und Ernährungssicherung in den Hintergrund treten lassen und insbesondere die ärmeren Bevölkerungsgruppen nicht erreicht werden. Zudem wird befürchtet, dass die Einhaltung menschenrechtlicher Standards und Prinzipien durch die Zusammenarbeit vernachlässigt wird.

Trotz der stetig zunehmenden Bedeutung der Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft besonders im Agrarsektor gibt es bisher keine systematische Aufarbeitung der relevanten Strategien und Förderprogramme und der dahinterliegenden Wirkungslogik in der deutschen EZ. Auch der Frage, inwiefern die verschiedenen Formen der Kooperation geeignet sind, Beiträge zur Erreichung entwicklungspolitischer Ziele liefern zu können, wurde noch nicht systematisch nachgegangen. Zudem ergibt sich vor dem Hintergrund der Kritik an dem Ansatz die Notwendigkeit einer Analyse, welche Maßnahmen zur Berücksichtigung menschenrechtlicher Standards und Prinzipien sowie von Umwelt- und Sozialstandards in die Programme integriert sind und inwiefern Monitoring-Mechanismen zur Einhaltung dieser Standards und Prinzipien verankert sind und vom BMZ und von den Durchführungsorganisationen genutzt werden.

Methoden

Für die Rekonstruktion der Wirkungslogik zur Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft und Überprüfung deren Plausibilität hat die Evaluierung in erster Linie Dokumente von BMZ und den Durchführungsorganisationen analysiert. Hierbei ging es um Strategiedokumente zur Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft, zu den relevanten Sektoren (Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Ernährungssicherung, Privatsektorförderung) sowie zu den Querschnittsthemen Menschenrechte/Umwelt- und Sozialstandards sowie Geschlechtergerechtigkeit. Zudem wurden Dokumente der Programme analysiert, in denen die Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft im Agrarsektor umgesetzt wird.

Ein weiteres zentrales Element der Evaluierung stellten qualitative Interviews mit Vertreter*innen aus BMZ, Durchführungsorganisationen, Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft dar.

Team

  • Dr. Marcus Kaplan Ehemals Senior-Evaluator DEval
  • Dr. Sabine Brüntrup-Seidemann Ehemals Evaluatorin - Teamleitung
  • Dr. Nico Herforth Ehemals Evaluator DEval
  • Ezra Bender Ehemals Evaluator
  • Dr. Stefanie Krapp Ehemals Abteilungsleiterin, DEval

Kontakt

Portrait Martin Bruder
© DEval

Dr. Martin Bruder

Abteilungsleiter: Zivilgesellschaft, Menschenrechte

Telefon: +49 (0)228 336907-970

E-Mail: martin.bruder@DEval.org

Zugehörige Dokumente

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